Leipzig, 2. Februar 2024 – Auf der heutigen ordentlichen Hauptversammlung in Leipzig berichtete der Vorstand der Verbio SE über das am 30. Juni 2023 abgeschlossene Geschäftsjahr 2022/2023. Die Aktionärinnen und Aktionäre stimmten dem Dividendenvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat in Höhe von 0,20 EUR je Aktie zu.
Verbio hat das Geschäftsjahr 2022/2023 mit dem zweitbesten Ergebnis der Unternehmensgeschichte abgeschlossen. Vorstandsvorsitzender Claus Sauter zeigte sich in seiner Rede auf der Hauptversammlung zufrieden: „Trotz großer marktseitiger Herausforderungen ist es uns gelungen, ein gutes Ergebnis für 2022/2023 zu erzielen. Das außergewöhnliche Ergebnis des Vorjahres ließ sich nicht wiederholen, denn es war ein Ergebnis, das in besonderem Maße von den Märkten begünstigt wurde. Das war uns bewusst: Aber wir haben im abgelaufenen Geschäftsjahr bewiesen, dass wir die Herausforderungen des Biokraftstoffmarktes nicht nur meistern, sondern Herausforderungen in Chancen verwandeln können. Ich bin sehr stolz auf mein Team.“
„Mit unseren Produkten haben wir 2022/2023 ein CO2-Einparpotenzial von 3,4 Millionen Tonnen erreicht. Damit kann allein Verbio 22 Prozent der Treibhausgase im Verkehr in Deutschland reduzieren“, fügte Sauter hinzu.
Zu den Herausforderungen des Berichtsjahres zählten die Normalisierung des Preisniveaus im Agrarbereich und sinkende Margen im Biokraftstoffsegment, die Verbio in seiner Prognose für das Geschäftsjahr 2022/2023 bereits angemessen berücksichtigt hatte. Als neue Herausforderungen kamen die massiven Biodieselimporte aus China nach Europa hinzu, die sich insbesondere negativ auf die Verkaufspreise für Biodiesel und die Quotenpreise auswirkten.
Claus Sauter zu den ergriffenen Chancen: „Wir sind längst mehr als ein Biokraftstoffproduzent. Wir verfügen über eine Vielzahl grüner Lösungen, mit denen wir den gesellschaftlichen und industriellen Wandel hin zu Klimaneutralität und ökologischer Produktion gestalten. Hinzu kommt unsere Internationalisierungsstrategie: Mit der Expansion nach Nordamerika und Indien haben wir zum richtigen Zeitpunkt wegweisende Entscheidungen getroffen. Wir verfügen über immer mehr Produktionskapazitäten außerhalb Europas und zu deutlich günstigeren Rahmenbedingungen.“
Erfolgreiche Geschäftsentwicklung: Konzernumsatz übertrifft Rekordergebnis des Vorjahres
Der Konzernumsatz erreichte trotz rückläufiger Verkaufspreise 1.968,3 Millionen EUR und übertraf damit das Rekordergebnis des Vorjahres von 1.812,5 Millionen EUR. Der Anstieg der Umsatzerlöse war überwiegend auf den Anstieg der Verkaufsmengen sowohl bei Biodiesel als auch bei Bioethanol zurückzuführen.
Die Produktionsmengen von Biodiesel konnten im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022/2023 erneut gesteigert werden. Mit 610.509 Tonnen wurde ein neuer Produktionsrekord erzielt (Vorjahr: 574.031 Tonnen).
Auch die Bioethanol- und die Biomethanproduktion erreichten im abgelaufenen Geschäftsjahr einen neuen Höchststand: Es wurden 317.613 Tonnen Bioethanol (Vorjahr: 264.101) und mit 1.078.053 MWh (Vorjahr: 884.959 MWh) erstmals mehr als eine TWh Biomethan produziert.
Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) lag mit 240,3 Millionen EUR innerhalb des von Verbio zuletzt prognostizierten Korridors.
Rückkehr zu fairen Marktbedingungen absehbar
Der Import großer Mengen von vermeintlich falsch deklariertem fortschrittlichem Biodiesel aus China bleibt nicht länger ohne Konsequenzen. Die Europäische Kommission plant, vorläufige Strafzölle auf chinesischen Fake-Biodiesel zu verhängen. Parallel dazu laufen weitere Untersuchungen, um die Umgehung von Importzöllen auf Biodiesel aus Indonesien zu prüfen. Die Maßnahmen der EU haben bereits zu einem Rückgang der verdächtigen Biodieselexporte aus China geführt, sodass eine Rückkehr zu fairen Marktbedingungen zu erwarten ist.
Vorstandsvorsitzender Claus Sauter betonte aber auch in seiner Rede, dass es für einen erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel unerlässlich sei, weitergehende Maßnahmen zu ergreifen und auch die Ursachen solcher Betrugsfälle zu beseitigen: „Wir laufen Gefahr, dass sich die Betrügereien in der Kraftstoffbranche auf andere Industriezweige ausdehnen. Auch bei grünem Stahl, Aluminium oder Wasserstoff lässt sich am Endprodukt nur schwer oder gar nicht feststellen, ob wirklich nachhaltige Moleküle verwendet wurden.“
Neben den geplanten Strafzöllen auf mutmaßlich falsch deklarierte Biodieselimporte fordert Sauter ein konsequent gelebtes Zertifizierungssystem: „Die Kontrolle der Auditoren in den Herkunftsländern außerhalb Europas ist derzeit unzureichend. Deshalb fordern wir den Entzug fragwürdiger Nachhaltigkeitszertifikate, die in den letzten drei Jahren ausgestellt wurden.“ Weiter heißt es in seiner Rede: „Es kann nicht sein, dass der deutsche Steuerzahler im Vertrauen auf einen ambitionierten Klimaschutz abermals um Milliarden betrogen wird, nur weil die geltende Regulatorik nicht angemessen kontrolliert wird.“
Unternehmensstrategie: 4-Punkte-Plan für Wachstum und wirtschaftliche Stabilität
Vorstandsvorsitzender Claus Sauter erläuterte die mittelfristige Unternehmensstrategie, die beim ersten Kapitalmarkttag im September 2023 vorgestellt und von allen Finanzanalysten durchweg positiv bewertet wurde.
Die vier Säulen der Unternehmensstrategie sind:
1. Globale Kapazitätserweiterungen: Verbio investiert in die globale Skalierung seiner etablierten und führenden Technologien und baut damit seine cash-generierenden Vermögenswerte weiter aus. Das betrifft unter anderem die Produktionsanlagen in den USA. Nach der Inbetriebnahme der Stroh-Biomethan-Produktion im Jahr 2022 hat das Unternehmen die ehemalige DuPont-Anlage in Nevada, Iowa, in eine kombinierte Bioethanol-Biomethan-Anlage nach dem Vorbild seiner deutschen Bioraffinerien umgebaut. Diese zweite Ausbaustufe befindet sich derzeit in der Anlaufphase. Die im Mai 2023 erworbene Anlage in South Bend, Indiana, soll ebenfalls mit der Verbio-Technologie aufgerüstet werden, um Ethanol in Kombination mit Biomethan zu produzieren. Effizienzsteigerungen für eine nachhaltige Produktion werden dabei kontinuierlich umgesetzt.
Claus Sauter zu Punkt 1: „Der US-Markt ist für uns äußerst vielversprechend. Verbio profitiert hier von attraktiven Abnahmemärkten, niedrigen Energie- und Rohstoffkosten, großen verfügbaren Mengen an Biomasse, einer guten Infrastruktur sowie politischen Entscheidungen, die langfristiger orientiert und damit verlässlicher sind. Mit beiden Anlagen werden wir mittelfristig in den USA mehr Ethanol und Biomethan produzieren als heute in Deutschland. Die Biomethanproduktion wollen wir hauptsächlich im Voluntary Market unterbringen. Außerhalb des regulierten Kraftstoffmarktes sind Kunden, wie Energieversorger oder die Stahl- und Chemieindustrie, bereit, eine Prämie für grüne Attribute zu zahlen.“
2. Erweiterung der Asset-light-Aktivitäten: Durch den gezielten Ausbau des Handelsgeschäfts nutzt Verbio seine globale Präsenz, die Vielfalt seiner Märkte, sein Know-how über die eingesetzten Rohstoffe und seine fortwährend größer werdende Kundenbasis, um mit seinen erneuerbaren Molekülen den maximalen Mehrwert zu erzielen und künftig noch schneller auf Marktanforderungen reagieren zu können.
3. Neue Technologieeinführung: Verbio bereitet die Einführung einer einzigartigen Technologie zur Herstellung von Spezialchemikalien aus Pflanzenöl vor. Das Bauprojekt der Ethenolyse-Anlage in Bitterfeld und der Katalysator-Anlage in Ungarn hat bereits begonnen.
4. Neue Technologieentwicklung: Verbio arbeitet an der Entwicklung von Technologien zur Herstellung von Basis- und Spezialchemikalien aus Stärke und Zucker. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für nachhaltige Produkte und verringert die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen.
Claus Sauter zu den Punkten 3 und 4: „Unsere neue Technologie zur Herstellung biomassebasierter Spezialchemikalien wird unser Geschäftsmodell auf eine noch breitere Basis stellen und die Nachhaltigkeit in der Chemieindustrie vorantreiben. Wir arbeiten bereits mit namhaften Kunden zusammen, die wir mit unseren biomassebasierten Spezialchemikalien beliefern wollen. Erste EBITDA-Beiträge erwarten wir ab 2027.“
„Unser Portfolio an grünen Produkten aus nachhaltig erzeugter Biomasse wird immer breiter. Es ist richtig, dass wir in unsere Forschung und Entwicklung investieren. Die zunehmende Produktdiversifikation wird uns mehrere Standbeine außerhalb des Verkehrssektors verschaffen. Sie ist damit ein wichtiger Wachstums- und Stabilitätsgarant für Verbio und ein Zugewinn für den Klimaschutz.“
Innovativ und verantwortungsbewusst
Verbio verbindet globales Wachstum mit wirtschaftlichem Erfolg, gesellschaftlicher Verantwortung und Nachhaltigkeit. Deshalb hat sich das Unternehmen langfristige Nachhaltigkeitsziele gesetzt. Bis zum Jahr 2026/2027 sollen Verbio-Kunden, gemessen nach deutscher Regulatorik, mit den grünen Lösungen des Unternehmens mindestens acht Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen können. Das entspricht mehr als einer Verdoppelung im Vergleich zum abgeschlossenen Geschäftsjahr. Darüber hinaus soll der eigene grüne Fußabdruck deutlich verbessert werden mit dem Ziel, bis 2035 klimaneutral in Bezug auf Scope 1- und 2-Emissionen zu sein.
Prognose für das Geschäftsjahr 2023/2024 und Dividende
Verbio hat am 15. Januar 2024 die Prognose für das laufende Geschäftsjahr angepasst und erwartet ein im Branchenkontext zufriedenstellendes Ergebnis mit einem EBITDA von 120 bis 150 Millionen EUR (zuvor: 200 bis 250 Millionen EUR). „Hintergrund der Anpassung unserer Prognose ist der wider Erwarten anhaltende Druck auf die Ethanol- und THG-Quotenpreise. Bei Bioethanol sind in den letzten Wochen höhere Importe als erwartet, insbesondere aus Brasilien, zu verzeichnen gewesen. Diese Mengen haben zu einem Anstieg der Lagerbestände in Rotterdam beigetragen und zu einem Preisrückgang von rund 30 Prozent geführt“, so Sauter.
Positiv für die Preisentwicklung sieht der Vorstand, dass in Europa bereits Produktionskapazitäten für Bioethanol aus dem Markt genommen werden. „Wir werden unsere Produktionskapazitäten nicht runterfahren. Unsere Technologie und Positionierung erlaubt es uns, auch dann noch zu produzieren, wenn andere nicht mehr wirtschaftlich sind“, so der Vorstandsvorsitzende in seiner Rede.
Mit der EBITDA-Prognose hat Verbio auch die Erwartungshaltung für die Nettofinanzverschuldung angepasst, die nun bei 145 bis 175 Millionen EUR (zuvor: 110 bis 150 Millionen EUR) liegen soll.
Auf der heutigen Hauptversammlung wurde den Aktionärinnen und Aktionären eine gegenüber dem Vorjahr unveränderte Dividendenausschüttung von 0,20 EUR je dividendenberechtigter Aktie vorgeschlagen. „Wir finanzieren unser Wachstum überwiegend aus eigener Kraft. Mit dem Dividendenvorschlag verbleiben Mittel im Unternehmen, die Verbio zur Finanzierung weiterer Investitionen nutzen wird“, erläuterte Verbio-Chef Claus Sauter. Der Vorschlag wurde von der Hauptversammlung angenommen.
Detaillierte Geschäftszahlen sind dem Geschäftsbericht 2022/2023 der Verbio SE zu entnehmen: Verbio SE - Finanzberichte